Dr. Michael Demel, MSc
Öffentlichkeitsarbeit und Erstattung,
Biogen Österreich
Seltene Erkrankungen verdienen mehr Bewusstsein. Patientenorganisationen können hierzu eine wichtige Rolle als starke Player im Gesundheitssystem übernehmen. In Österreich erhalten seltene Erkrankungen in der Bevölkerung nach wie vor nicht die Awareness wie andere, häufiger auftretende Erkrankungen.
Die gerade die ganze Welt lahmlegende COVID-19-Pandemie verstärkt diese Schieflage zusätzlich. Wir sehen schon heute die aus der Pandemie entstandenen medizinischen Kollateralschäden und dürfen daher nicht auf andere Erkrankungen, wie etwa die seltenen, vergessen. Denn auch in Corona-Zeiten brauchen Betroffene menschliche und fachliche Hilfe. Leider gibt es noch nicht für jede einzelne seltene Erkrankung eine geeignete Therapie. Im Fall der neuromuskulären Erkrankung Spinale Muskelatrophie, kurz SMA, haben wir als Biogen wertvolle Pionierarbeit in der Behandlung geleistet und das erste und nach wie vor einzige für alle Altersgruppen zugelassene Medikament in Europa entwickelt. Heute können Patient(inn)en mit ihren Ärzt(inn)en auf weitere Therapien zur Behandlung von SMA zurückgreifen. Für viele andere seltene Erkrankungen ist das aber noch nicht der Fall. Doch auch wenn es Therapien gibt, haben wir in Österreich nach wie vor das Problem der inhomogenen Erstattung dieser Medikamente. Die föderalistische Struktur des österreichischen Gesundheitswesen bedingt, dass Patienten die Therapie in einem Bundesland erhalten, während diese in einem anderen Bundesland verwehrt wird. Die Frage, in welchem Bundesland und von welchen Spitalsträgern Therapiekosten erstattet werden, ist immer noch nicht einheitlich geregelt.
Patient(inn)en haben ein Recht auf Mitsprache
Patientenorganisationen, wie die neu gegründete Patientenvertretung SMA Österreich, machen die Öffentlichkeit und die Politik auf dieses Problem aufmerksam. Vergleicht man Österreich mit anderen europäischen Ländern, hinken wir hierzulande in der Mitsprache von Patientenorganisationen im Gesundheitssystem weiter hinter-her. Gerade in den nordischen Staaten, die hier sicherlich eine Vorreiterrolle einnehmen, haben Patient(inn)en mehr Einfluss im System zu Themen, die ihr eigenes Leben betreffen. Außerdem sind Patientenorganisationen dort oftmals näher an das Gesundheitssystem angebunden. In Österreich haben wir dazu sicherlich noch einiges zu tun, auch wenn wir bereits erste Schritte in die richtige Richtung gemacht haben. Patient(inn)en haben ein Recht auf Mitsprache! Denn am Ende des Tages geht es um sie selbst.
Starke Player im Gesundheitssystem
Patientenorganisationen sind wichtig, damit sich Betroffene und Angehörige vernetzen und austauschen oder sich mit Ärzt(inn)en beraten können. Ich halte es für bedeutend, dass Ärzt(innen) ein gutes Verständnis davon haben, wie wichtig das Engagement von Patient(inn)en für die gemeinsame Sache sein kann. Auch seitens der Politik sollten Patientenorganisationen mehr Wertschätzung für ihre Arbeit erfahren. Hierzulande sind viele Patientenorganisationen als Vereine organisiert, die nicht immer die notwendigen strukturellen und finanziellen Ressourcen für ihre Arbeit haben. Patientenorganisationen brauchen aber für ihre Wirkung starke Netzwerke, Know-how, Expertise und Awareness. Ich wünsche mir daher, dass Patientenorganisationen in Zukunft nicht nur als eine Gruppe von Menschen mit einer bestimmten Erkrankung wahrgenommen werden, sondern als starke Player im Gesundheitssystem.
Informationsstand Februar 2021, Biogen-97333