Fast niemand kennt Morbus Fabry, Betroffene und Mediziner ausgenommen. Daher weiß auch niemand, wie es ist, damit zu leben. Internist Priv.-Doz. Dr. Michael Rudnicki erklärt, worauf es dabei ankommt.
OA Priv.-Doz. Dr. Michael Rudnicki
Medizinische Universität Innsbruck, Univ.-klinik für Innere Medizin IV – Nephrologie und Hypertensiologie
Was kommt auf Menschen zu, die erfahren, dass sie an Morbus Fabry erkrankt sind?
Bevor die Diagnose gestellt wird, sind die Betroffenen oftmals Jahrzehnte lang mit Symptomen konfrontiert, die sich nicht zuordnen lassen. Das belastet natürlich stark. Viele Betroffene gehen hilfesuchend von Pontius zu Pilatus, werden von unterschiedlichsten Spezialisten untersucht und es bringt doch meistens nichts. Man findet nicht viel. Viele Betroffene gleiten dann in die Paramedizin ab, erhoffen sich dort Hilfe. Die sie aber auch dort nicht bekommen.
Also kann die Diagnose „Morbus Fabry“ fast schon eine Erleichterung sein?
Oh ja. Wenn die Diagnose dann gestellt wird, sind die meisten Betroffenen erleichtert. Die Symptome sind zwar auch nach der Diagnosestellung immer noch da, aber es gibt endlich eine Erklärung für den angeschlagenen Gesundheitszustand. Und vor allem kann man es endlich auch therapieren. Als positiver Nebeneffekt wird auch die psychische Belastung des Patienten deutlich reduziert.
Was muss ich mir unter Heimtherapie vorstellen?
Bei Morbus Fabry fehlt ein Enzym, das Stoffwechselabbauprodukte abbaut. Dadurch bleibt, umgangssprachlich ausgedrückt, der Müll in den Zellen liegen. Und diese Zellen werden dadurch zerstört. Mittlerweile gelingt es aber, dieses Enzym gentechnisch herzustellen und PatientInnen via Infusion zu verabreichen.
Dies muss alle zwei Wochen geschehen. Anfangs musste diese Infusion im Krankenhaus gegeben werden, was für PatientInnen einen großen logistischen Aufwand dargestellt hat. Seit einigen Jahren besteht aber die Möglichkeit, diese Infusionen auch daheim zu bekommen.
Kann man diese Therapie dann selbst durchführen?
Nein. Es gibt aber Firmen, die sich darauf spezialisiert haben. Bei einer solchen Heimtherapie kommt eine diplomierte Krankenschwester mit der Infusion und allen nötigen Hilfsmitteln wie Desinfektionsmittel und Nadeln zu den PatientInnen nach Hause und verabreicht dem Patienten so das fehlende Enzym.
Das dauert nicht ganz eine Stunde. Der Patient spart sich den regelmäßigen Gang in die Klinik, was eine deutliche Erleichterung des Alltags bedeutet. Schule, Beruf und Freizeit lassen sich wieder normal ausüben, die Stigmatisierung als „krank“, obwohl man sich gut fühlt, fällt auch weg. Wir betreuen in Westösterreich zurzeit 8 Fabry-PatientInnen, von denen 6 eine Enzymersatztherapie bekommen. Diese Patienten sehe ich nur ein bis zwei Mal pro Jahr. Früher hat man sie alle zwei Wochen gesehen.
Gibt es diese Option der Heimtherapie nur in Westösterreich oder auch im Osten?
Grundsätzlich besteht die Möglichkeit in ganz Österreich, nicht nur bei uns in Tirol. Die Heimtherapie wird in ganz Österreich gleich verschrieben, d.h. es gibt keine Unterschiede zwischen West- und Ostösterreich, weder in der Verschreibbarkeit, noch in der Refundierung durch die Krankenkassen.
Und Betroffene, die so behandelt werden, sind im Alltag wieder so belastbar wie gesunde Menschen?
Genau. Diese Enzymersatztherapie normalisiert nahezu alles, physische und vor allem auch die psychische Belastbarkeit der Betroffenen. Was wir aber nicht genau wissen ist, ob sich PatientInnen wegen der langersehnten Diagnose und der Möglichkeit einer Behandlung schon deutlich besser fühlen oder ob es wirklich „nur“ die Enzymersatztherapie ist.
Lukas Wieringer, [email protected]