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Morbus Pompe

Mehr Aufmerksamkeit für eine extrem seltene Erkrankung

iStock/amtitus

Bei Morbus Pompe liegt der Mangel oder völliges Fehlen des lysosomalen Enzyms Alpha-Glucosidase vor, das am Abbau von Glykogen beteiligt ist. Bei Mangel an diesem Enzym, wird Glykogen unverarbeitet in der Zelle gespeichert und beeinträchtigt den gesamten Stoffwechsel der Zelle. Im Interview: Ao. Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Löscher, Leiter der Neuromuskulären Ambulanz an der Medizinischen Universität Innsbruck.

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Ao. Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Lösche

Leiter der Neuromuskulären Ambulanz an der Medizinischen Universität Innsbruck

Wie sieht das Krankheitsbild von Morbus Pompe aus?

Morbus Pompe ist eine angeborene Stoffwechselerkrankung, wobei durch einen genetischen Defekt die Aktivität des Enzyms alpha-Glycosidase vermindert ist oder in Extremfällen sogar komplett fehlt. Diese Reduktion der Enzymaktivität kann unterschiedlich schwer ausgesprägt sein und bestimmt dadurch den Schweregrad der Erkrankung. Je weniger Enzymaktivität vorhanden ist, desto früher bricht die Krankheit aus.

Grundsätzlich wird die Krankheit in zwei Formen eingeteilt: dem frühen und späten Onset von Morbus Pompe. Bei Neugeborenen und Kindern wird von einer infantilen Form der Erkrankung mit einer akut fortschreitenden Symptomatik gesprochen. Bei Teenagern sowie Erwachsenen im höheren Lebensalter ist Morbus Pompe eine chronisch progrediente Erkrankung.

Wie äußern sich die ersten Symptome der Erkrankung?

Bei Kindern sind es die klassischen Anzeichen wie Gedeihstörungen, Herzmuskelschwäche oder eine generelle Muskelschwäche. Solche Kinder werden in der Medizin auch „floppy infants“ genannt. Bei Erwachsenen äußert sich die Erkrankung mit einer zunehmenden Schwäche der Atem- oder Rumpfmuskulatur.

Betroffene bekommen Probleme beim Gehen oder Stiegensteigen, auch leichte körperliche Aktivitäten wie vom Sessel aufstehen, fallen immer schwerer. Ein zusätzliches Problem bei der Erkrankung ist, dass durch die abnehmende Muskelaktivität die Atmung versagt und häufig eine künstliche Beatmung notwendig wird..

Wie wird die Krankheit diagnostiziert?

Auf das Vorliegen einen Morbus Pompe wird bei entsprechendem klinischen Verdacht getestet, Blut aus der Fingerbeere entnommen und eine enzymatische Enzymbestimmung durchgeführt. Ergibt diese den Verdacht eines Morbus Pompe, wird zur Bestätigung eine genetische Untersuchung durchgeführt.

In Österreich leben derzeit 18 Morbus Pompe-PatientInnen.

Die Erkrankung kann aber auch durch eine Muskelbiopsie festgestellt werden. In der Regel werden die Untersuchungen bei Kindern von einem Neuropädiater bzw. bei Erwachsenen von einem Neurologen in die Wege geleitet. Bis zur endgültigen Diagnose dauert es im Schnitt bei Erwachsenen vier bis acht Jahre. Ein Extremfall in Österreich benötigte sogar 35 Jahre.

Wie ist die Lebenserwartung für Betroffene bei beiden Formen?

Mit den neuen Therapieformen ist die Überlebensrate von PatientInnen innerhalb der ersten fünf Lebensjahre auf bis zu 60 Prozent gestiegen – ein Großteil davon ohne Beatmung. Bei der infantilen Form der Erkrankung sind vor Einsatz der Enzymersatztherapie noch 95 Prozent aller Betroffenen unbehandelt im ersten Lebensjahr verstorben.

Wie weit ist die Krankheit in der Regel fortgeschritten, wenn diese diagnostiziert wird?

Generell haben alle erwachsenen PatientInnen eine reduzierte Gehstrecke und häufig auch eine eingeschränkte Atmungsfunktion, jedoch ist ein Großteil bei der Diagnosestellung noch gehfähig. Der Gendefekt definiert, ob bei Betroffenen überhaupt das Enzym Alpha-Glycosidase gänzlich fehlt oder nur eine geringere Enzymaktivität vorliegt.

Liegt diese bei knapp unter 30 Prozent, treten die ersten Beschwerden auf. Bei erwachsenen Morbus Pompe-PatientInnen beträgt die Enzymaktivität 10 bis 30 Prozent und bei Kindern null bis fünf Prozent.

Wie verläuft die Behandlung?

Großteils symptomatisch, sprich die Betroffenen bekommen Physiotherapie, lernen entsprechende Atmungstrainings. Seit 2007 ist eine Enzymersatztherapie in Österreich zugelassen, die alle zwei Wochen durch eine Infusion verabreicht wird. Durch diese Therapie wird die gesamte Muskelkraft und bei Kindern auch die Herztätigkeit verbessert.

Betroffene bleiben so länger mobil und können ein längeres Leben ohne künstliche Beatmung führen, was natürlich insgesamt eine Steigerung der Lebensqualität bedeutet.

Karin Schneck, [email protected]

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