Eitergefüllte schmerzende Bläschen: Das ist das Hauptsymptom der generalisierten pustulösen Psoriasis. Was die Diagnose der seltenen Erkrankung für Betroffene bedeutet und welche Behandlungs- und Erkrankungsmanagementmöglichkeiten es derzeit gibt, erklären Univ.-Prof.in Dr.in Gudrun Ratzinger und Univ.-Prof. Dr. Peter Wolf im Interview.
Univ.-Prof. Dr. Peter Wolf
Klinikvorstand Univ.Klinik für Dermatologie und Venerologie, Medizinische Universität Graz
Ao.Univ.Prof.Dr. Gudrun Ratzinger
Stellvertretende Direktorin, Univ.Klinik für Dermatologie,
Venerologie und Allergologie, Innsbruck
Psoriasis ist als Erkrankung vielen Menschen ein Begriff. Aber welche seltenen Formen der Psoriasis gibt es zusätzlich noch?
Wolf: Unter Psoriasis versteht man im Volksmund die Schuppenf lechte. Doch es gibt noch andere Formen, darunter etwa die Psoriasis pustulosa. Das ist eine Psoriasis, die Pusteln bildet. Als Pusteln verstehen wir in der Dermatologie Bläschen, die mit weißen Blutkörperchen, also mit Eiter, gefüllt sind. Die Pusteln dieser generalisierten pustulösen Psoriasis sind steril.
Ratzinger: Die generalisierte pustulöse Psoriasis (GPP) kann den ganzen Körper betreffen. Es besteht auch eine gewisse Koexistenz mit anderen PsoriasisFormen. Die GPP tritt jedoch viel seltener als die „klassische“ Plaque-Psoriasis auf – mit einer ‚Häufigkeit‘ von 1 zu 100.000 Menschen.
Wie zeigt sich die GPP bei Betroffenen?
Ratzinger: Die Erkrankung tritt akut und in Schüben auf und bildet die charakteristischen Pusteln auf rotem Grund. Diese Bläschen finden sich in der obersten Hautschicht und schmerzen mehr als sie jucken. Betroffene Patient:innen weisen manchmal auch Entzündungszeichen wie Fieber, Schüttelfrost oder Abgeschlagenheit auf.
Wolf: Genau. Außerdem kann die GPP zusätzlich auch an Hand- und Fußflächen auftreten, was für Betroffene besonders schmerzhaft ist. Die GPP kann im schlimmsten Fall sogar lebensbedrohlich werden, da sie eine systemische Entzündung darstellt, die auch andere Organe, beispielsweise Leber oder Schilddrüse, betreffen kann.
Wie lange dauert ein Schub bei Patient:innen in der Regel?
Ratzinger: Ein Schub kann sich über wenige Tage, jedoch auch bis zu drei Monate lang ziehen. Danach heilen die Pusteln wieder ab.
Wolf: Gemäß der gesammelten österreichischen Daten haben Patient:innen durchschnittlich alle 14 Monate einen Schub. Dazwischen können sie komplett beschwerdefrei sein.
Bei seltenen Erkrankungen haben Betroffene bei Diagnosestellung oftmals bereits einen langen Leidensweg hinter sich. Wie kommt es bei der GPP zur Diagnose?
Wolf: Der Leidensweg ist grundsätzlich lange, weil es sich um eine chronische Erkrankung handelt. Die GPP kann für Patient:innen sehr belastend sein. Wenn sie einen akuten Schub haben, werden sie gewöhnlich stationär aufgenommen. Die Diagnose selbst ist nicht schwer zu stellen.
Ratzinger: Der Vorteil der GPP ist, dass sie sehr auffällig ist und gleich feststeht, dass es sich um eine Hauterkrankung handeln muss. Das bedeutet, dass Patient:innen in der Regel rasch zu Fachärzt:innen und dann weiter zu uns in spezialisierte Zentren kommen, wo die Diagnose gestellt werden kann.
Wie erleben Patient:innen die Diagnose und die Erkrankung selbst?
Ratzinger: Wenn Patient:innen einen massiven Schub haben, beeinträchtigt das natürlich ihr Allgemeinbefinden. Es kann sogar so belastend für den Körper sein, dass die Erkrankung zum Tod führt. So steht es zumindest in den Lehrbüchern, erlebt habe ich das aber noch nie. Dennoch haben Patient:innen ein starkes Krankheitsgefühl, weil die Hautbarriere komplett gestört ist und dieser Umstand sehr viel Energie verbraucht. Wir haben verschiedene Therapieoptionen zur Behandlung der Erkrankung. Nun gibt es neue Möglichkeiten, mit denen wir Patient:innen gut therapieren und wieder ins normale Leben zurückführen können.
Welche Behandlungsmöglichkeiten haben Patient:innen mit GPP konkret?
Wolf: Die Behandlungsmöglichkeiten sind mannigfaltig. Über die Jahre haben sich verschiedene Therapien etabliert. Es gibt traditionelle systemische Therapien, die auch sonst bei Psoriasis verwendet werden, wie etwa immunsuppressive Medikamente oder lokales Cortison. Es gibt auch neue Therapieoptionen wie Biologika, die zur Behandlung der gewöhnlichen Schuppenflechte zugelassen sind. Seit Kurzem gibt es außerdem noch eine weitere vielversprechende Behandlungsmöglichkeit mit einem Biologikum, welches speziell zur Behandlung der pustulösen Psoriasis entwickelt wurde. Hier wäre es wichtig, dass – und dies gilt auch für andere seltene Erkrankungen – die Finanzierung auf Bundesebene einheitlich geregelt wird.
Was können Patient:innen mit GPP oder anderen seltenen Hauterkrankungen unternehmen, um zu einem besseren Management ihrer Erkrankung beizutragen?
Ratzinger: Sind Trigger-Faktoren, wie zum Beispiel Medikamente, bekannt, können Patient:innen diese vermeiden. Grundsätzich sollten Patient:innen bei einem Schub schnell zu uns in spezialisierte Zentren für eine akute Behandlung kommen.
Wolf: Tritt ein Schub auf, müssen die Patient:innen rasch am richtigen Ort sein – also spezialisierte Abteilungen aufsuchen. In Österreich sind die primären Anlaufpunkte Einrichtungen mit Bettenstationen an den Universitätskliniken und Abteilungen für Dermatologie. Es ist wichtig, dass Betroffene rasch und frühzeitig medizinische Hilfe in Anspruch nehmen können.