Alpha-1 steht für eine Erbkrankheit, die mit einem Alpha-1-Antitrypsin-Mangel einhergeht. Er kann schwere Folgen für Lunge und Leber haben – auch schon bei sehr jungen Menschen. Was neue Therapien bringen, steht hier.
Was ist Alpha-1?
Wer an der Erbkrankheit Alpha-1 leidet, dessen Leberzellen bilden oder setzen das Schutzenzym Alpha-1-Antitrypsin (AAT) fehlerhaft oder in nicht ausreichender Menge frei. Die Ursache dessen ist ein Gendefekt. Wird die Krankheit nicht behandelt, geraten früher oder später Lunge, Leber, Haut und andere Organe in Mitleidenschaft. Denn den körpereigenen Abwehrstoffen (Proteasen), die in der großflächigen Lunge Fremdstoffe und Erreger zersetzen, stellt sich kaum ein Schutzenzym (Antiprotease) entgegen, so dass das Lungengewebe irgendwann ungeschützt ist.
Alpha-1 kann bereits bei kleinen Kindern eine Leberschrumpfung (Leberzirrhose) und bei jungen Erwachsenen ein Lungenemphysem (irreparable Überblähung) sowie eine schwere COPD (häufigste Folge) verursachen, also eine chronische Bronchitis. Schlimmstenfalls versagt die Lunge ganz. Dennoch wird die Erbkrankheit oft zu spät / zu selten als Ursache der vorgenannten Folgeerkrankungen diagnostiziert. Man vermutet daher deutlich mehr als die bekannte Zahl der Betroffenen (Dunkelziffer: 90 Prozent).
Wie zeigt sich Alpha-1?
Typisch ist, dass Betroffene trotz eines Mangels an Alpha-1-Antitrypsin über Jahre beschwerdefrei sind. Erst mit 40-50, bei Rauchern deutlich früher, zeigt sich eine mehr oder weniger starke Atemnot, wenn der Körper belastet wird. Mit der Zeit fangen Alpha-1-Patienten auch an, zu husten, und bemerken dabei Auswurf. Auch eine Gewichtsabnahme ist häufig.
Wie wird Alpha-1 behandelt?
Die Behandlung des Alpha-1-Antitrypsin-Mangels ist eine lebenslange Sache. Sie dient der Linderung bestehender Beschwerden und soll die fortschreitende Zerstörung der Lungenbläschen stoppen. Heilen lässt sich Alpha-1 bislang nicht.
Die begleitenden medikamentösen Therapien entsprechen denen für eine COPD. Lediglich die Substitutionstherapie, bei der dem Patienten ein Mal pro Woche intravenös Alpha-1-Antitrypsin (AAT) aus gereinigtem, humanem Blutplasma gespritzt wird, vermag den fortschreitenden Verlust an Lungengewebe einzubremsen. Während eine Lungentransplantation nicht die Ursache von Alpha-1 bekämpft, vermag dies eine Lebertransplantation.
Seit 2015 ist eine intravenöse Therapie zugelassen, die frühzeitige Behandlung sofort nach Diagnose eines Emphysems und nach medizinscher Abklärung ermöglicht. Welche Vorteile eine frühzeitige Therapie hat, liegt wohl auf der Hand. Nicht nur, dass Patienten keine Zeit mehr verlieren, man kann auch unabhängig von der Lungenfunktion eine Behandlung beginnen.
Erstmals kann die Zeit, in der Patienten in gutem Zustand gehalten werden, verlängert werden.
Da diese neue Therapieform auch zu Hause mittels Heiminfusionen verabreicht werden kann, sparen sich jüngere Patienten Zeit, da der Arztbesuch entfällt, außerdem ist es leichter mit Beruf und Freizeit vereinbar. Auch ältere Patienten, vor allem jene die nicht mehr so mobil sind, profitieren von einer Heimtherapie.
Eigeninitiative zeigen
Wie bei fast jeder seltenen Erkrankung ist es für Allgemeinmediziner, aber auch Fachärzte oft sehr schwer, eine Diagnose zu stellen bzw. Symptome mit einer seltenen Erkrankung in Verbindung zu bringen.
Oftmals wird der Gendefekt Alpha-1-Antitrypsinmangel erst diagnostiziert, wenn die Schädigung der Lunge relativ weit fortgeschritten ist. Generell ist wie bei vielen seltenen Erkrankungen ein wenig Eigeninitiative gefragt.
Allgemeinmediziner, aber auch Fachärzte haben während ihrer gesamten Laufbahn oftmals keinen einzigen Patienten mit einer seltenen Erkrankung in Behandlung.
Auf einen Alpha-1-Antitrypsin-Mangel getestet werden sollten:
– PatientInnen mit COPD und/oder Lungenephysem, vor allem bei ungewöhnlich frühem Auftreten der Erkrankung und unter Ausschluss des Risikofaktors Rauchen
– PatientInnen mit Lungenemphysem in den unteren Abschnitten der Lunge
– PatientInnen mit Erkrankungen der Leber mit unklarer Ursache
– PatientInnen mit schwer kontrollierbarem Asthma
– PatientInnen mit Bronchiektasen (krankhafte Erweiterungen der Atemwege) ohne erkennbare Ursache
– Personen, in deren Familie ein Alpha-1-Antitrypsin-Mangel bekannt ist
– Personen, in deren Familie COPD, Lungenemphysem und Leberleiden gehäuft auftreten