Morbus Fabry ist eine seltene, angeborene Stoffwechselstörung. Sie richtig zu diagnostizieren, ist besonders wichtig. Im Gespräch erklärt Dipl.-Ing. DDr. David Kasper was dazu notwendig ist.
Priv. Doz. Dipl.-Ing. DDr. David Kasper
Chemiker, ehem. Leiter der Kinderkliniklabors am AKH Wien ©Foto: MedUni Wien
Vor welchen konkreten Herausforderungen steht die Medizin bei Morbus Fabry?
Morbus Fabry ist eine jener Erkrankungen, wo man ein Gesamtbild aus Klinik und Laborbefund braucht, um sicher eine Diagnose stellen zu können. Die Kliniker stehen daher vor der Herausforderung, dass sie bei PatientInnen mit eher unspezifischen klinischen Symptomen auch an Morbus Fabry denken.
Wie erreicht man das?
Man muss Ärzte immer wieder darauf hinweisen, auch die Möglichkeit einer seltenen Erkrankung in Betracht zu ziehen. Die Crux an seltenen Krankheiten ist ja, dass sie oft deshalb nicht oder nur schwer diagnostiziert werden, weil man schlichtweg nicht daran denkt. Ich muss aber hinzufügen, dass sich dahingehend schon viel getan hat.
Heute erkennen viel mehr ÄrztInnen seltene Krankheiten als das früher der Fall war. Erfreulicherweise ist die Anzahl der ÄrztInnen, die sich mit dieser Thematik befassen, dramatisch gestiegen. Auch das Bewusstsein, dass es mehrere medizinische Fachbereiche betrifft, ist im Steigen begriffen. Ich möchte betonen, dass hier wirklich Multidisziplinarität aus Klinik und Labor gefragt ist.
Wie kann man ÄrztInnen konkret unterstützen?
Es ist wichtig, ein diagnostisches Tool, also einen einfachen, schnellen und zuverlässigen Labortest, zur Verfügung zu stellen, mit dem man diese Erkrankung testen, aber auch rasch ausschließen kann. Natürlich hat ja nicht jeder Patient mit einer Niereninsuffizienz auch Morbus Fabry. Es könnte aber sein.
Dies ein- bzw. auszuschließen, ist schon ein wichtiger Schritt. Es gibt die Möglichkeit, einen Labortest des betroffenen Enzyms durchzuführen. Sofern dieser auffällig oder grenzwertig ist, führt man einen Mutationsnachweis durch. Genau diese Tests stützen dann den klinischen Befund und umgekehrt.
Wie hat die Entwicklung der Diagnostik dabei ausgesehen?
Es hat sich gezeigt, dass wir bei Morbus Fabry noch sehr viel lernen können. Man weiß jetzt, dass es hunderte Mutationen gibt, die zu Morbus Fabry führen können, und dass es viele Varianten gibt, die nicht pathologisch sind. Deshalb wurde in den letzten Jahren nach weiteren Biomarkern gesucht, die eventuell die Labordiagnostik unterstützen können.
Wie sieht nun ein möglicher Diagnoseweg aus?
Morbus Fabry ist eine x-chromosomal vererbte Erkrankung. Die Frage ist, wie ein Labortest überhaupt aussehen kann. Das Labor muss festlegen, ob ein Ergebnis überhaupt auffällig oder noch normal ist. Das heißt, je nach Festlegung der Grenzen, ändern sich Sensitivität und Spezifität des Tests.
Wichtig ist, dass es standardisierte Testverfahren gibt, mit denen man zuverlässig sagen kann, ob ein Verdacht auf Morbus Fabry vorliegt oder nicht. Dabei hat sich in der jüngeren Vergangenheit gezeigt, dass der enzymatische Labortest vor allem bei Männern sehr gut funktioniert. Das heißt, nach einem enzymatischen Test mit hoher Sensitivität führt man zur Konfirmation eine Mutationsanalyse durch.
Welche Vorteile hat dieses Vorgehen? Man könnte ja gleich bei allen Verdachtsfällen eine Mutationsanalyse durchführen.
Ein enzymatischer Test ist kostengünstiger als ein genetischer Test. Die meisten PatientInnen, die Symptome aufweisen, die auch auf Morbus Fabry zutreffen würden, haben die Erkrankung aber gar nicht, sondern nur einige wenige. Das bedeutet, dass der genetische Test bei der Mehrheit überflüssig wäre.
Sie haben jetzt erklärt, wie es bei den Männern gut abgeklärt werden kann. Wie sieht das bei Frauen aus?
Vor einigen Jahren noch dachte man, Morbus Fabry würde hauptsächlich Männer betreffen. Da ist man zum Glück heute weiter. 2008 gab es da in der Forschung einen wesentlichen Durchbruch, wo ein neuer Biomarker (Lyso-GL-3 oder lyso-Gb3) beschrieben wurde, der speziell für die Diagnostik bei Frauen sehr wertvoll ist.
Wenn man diesen Biomarker bei Frauen gemeinsam mit der Enzymatik misst, können bis zu 20 Prozent mehr Fälle von Morbus Fabry bei Frauen diagnostiziert werden. Meine Forschungsgruppe hat diesen Biomarker standardisiert und zertifiziert. Bei Männern macht man also eine Enzymatik und bei erhärteten Verdacht noch eine genetische Untersuchung, bei Frauen hat man ebenfalls die Möglichkeit des Enzymatiktests, der in Kombination mit dem Biomarker Lyso-GL-3 eine dramatisch erhöhte Sensitivität aufweist.
Wie sehen die Tools, die Sie erwähnt haben, in der Praxis eigentlich aus?
Am besten ist es natürlich, wenn ein Test einfach und schnell durchführbar ist. Wir arbeiten daran, hauptsächlich sogenannte Trockenblutkartentests zu entwickeln, die nur wenige Tropfen Blut für Enzymatik, Mutationsanalyse und Biomarker benötigen – dass also in Zukunft eine einfache Punktion am Finger genügt. Solche Vereinfachungen erleichtern die rasche diagnostische Abklärung und letztendlich die Diagnosestellung enorm.
Philipp Jauernik, [email protected]