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Alpha-1-Antitrypsin-Mangel

Genetisch bedingter Antitrypsin-Mangel

Alpha-1-Antitrypsin-Mangel

Fehlt ein kleines Enzym oder wird es nur unzureichend vom Körper gebildet, hat dies große Auswirkungen. Prim. Dr. Gert Wurzinger, Vorstand der Abteilung für Lungenkrankheiten am LKH Hörgas-Enzenbach (STMK) klärt auf.

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Prim. Dr. Gert Wurzinger

Vorstand der Abteilung für Lungenkrankheiten, LKH Hörgas-Enzenbach
© Foto: Fotoatelier Furgler-Grischek

Was bewirkt das Enzym Alpha-1-Antitrypsin?

Bei dieser Krankheit sind vordergründig zwei sehr unterschiedliche Organe betroffen: Lunge und Leber. Das Alpha-1-Antitrypsin schützt vorwiegend die elastischen Fasern der Lunge. Es wird in der Leber gebildet und bindet schädigende Substanzen, die im Abwehrkampf gegen Bakterien oder Viren in die Lunge gelangen.

Ein Alpha-1-Antitrypsin-Mangel ist eine Erbkrankheit, die durch einen Gendefekt des Chromosoms 14 verursacht wird. Dieser Defekt äußert sich in einer Verminderung der Alpha-1-Antitrypsin-Produktion in der Leber. Durch den Mangel des Schutzenzyms werden vor allem die elastischen Fasern der Lunge zerstört.

Zudem neigen die Eiweißmoleküle in den Leberzellen zur Polymerisation (Kettenbildung). Dadurch können sie nur erschwert aus den Leberzellen ausgeschleust werden, was zu einer verminderten Leistung und dauerhaften Schädigung der Leber führen kann.

Wie wirkt sich die Erkrankung aus?

Durch den Verlust der elastischen Fasern im Bereich der Lunge kommt es zu einem Schwinden der Lungenbläschen sowie zu einer zunehmenden Überblähung der Lunge. Die Ausatmung muss durch die Atemmuskulatur unterstützt werden, was zu einer Kompression nicht nur des Lungengewebes, sondern auch der Bronchien führt.

Dadurch jedoch kollabieren die Bronchien und die Ausatemluft kann nicht entweichen – sie ist gefangen in der Lunge. Vermeintlich einfache Tätigkeiten wie Stiegensteigen oder Spazierengehen sind für Betroffene oft eine große Herausforderung. Diese Symptome treten bereits in einem Alter von 40 – 50 Jahren auf.

Bei Menschen, die bereits sehr starke Raucher waren oder trotz Diagnose der Zigarette treu bleiben, treten die ersten Beschwerden bereits zwischen dem 30-40 Lebensjahr auf. Zigarettenrauch – aktiv oder passiv – schädigt die Lunge und vermindert die Wirkung der schon geringen Menge des Enzyms. Die durch Rauchen verursachte chronische Bronchitis kann zu Symptomen der chronisch obstruktiven Bronchitis führen, der COPD.

Eine gute medikamentöse Therapie kann jedoch zerstörtes Lungengewebe nicht mehr reparieren. Deswegen sind eine rasche Diagnose und eine gesunde Lebensführung essenziell. Zigarettenrauch und leberschädigendes Verhalten wie Alkoholkonsum sind die größten Gefahren.

Impfungen gegen Infektionen durch Pneumokokken, Influenza und Hepatitis A/B sind empfehlenswert. Die richtige Berufswahl und -beratung ist ebenso wichtig, denn es gibt viele Risikogruppen – wie Bäcker, Landwirte oder auch Kellner – die durch das Einatmen von verschiedenen Stäuben oder Zigarettenrauch dem raschen Fortschreiten der Krankheit besonders ausgesetzt sind.

Wie erfolgt die Diagnose?

Die Diagnose erfolgt durch die Messung des Alpha-1-Antritrypsin-Spiegels im Blut. Zusätzlich gibt es einen Schnelltest, der in kurzer Zeit Auskunft gibt, ob ein entsprechender Gendefekt vorliegt. Dieser wird in Lungenambulanzen und bei niedergelassenen Lungenfachärzten durchgeführt. Bei positivem Ausfall wird eine genetische Untersuchung angeschlossen.

Eine frühe Diagnose ist bei dieser seltenen Erkrankung besonders wichtig, um Lungen- wie auch Leberschädigungen vorzubeugen. Da auch andere Familienangehörige diese Genmutation besitzen können, sollte immer auch ein Familienscreening erfolgen.

Weiters sollten alle Personen mit COPD bzw. mit erhöhten Leberwerten auf A1AT-Mangel untersucht werden sowie Menschen, die an Asthma bronchiale leiden und deren Lungenfunktion sich trotz optimaler Behandlung nicht vollständig normalisiert.

Wie werden die Symptome der Erkrankung behandelt?

Eine Substitutionstherapie des fehlenden Enzyms durch Infusionen ist sehr wirksam, sie wird auch von der Krankenkasse bezahlt. Jedoch müssen dafür gewisse Voraussetzungen erfüllt sein. Aktive Raucher können diese nicht bekommen, weil bereits nur wenige Zigaretten die Wirkung der Infusion vollständig aufheben und die Gewinnung des Enzyms aus Blutplasma sehr kostspielig ist.

Inhalative Medikamente zur Erweiterung der Bronchien, Sauerstoff sowie begleitende Physio- und Ergotherapie sind weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Lebensqualität.

Wo können sich PatientInnen informieren?

Eine wichtige Anlaufstelle ist die sehr aktive Selbsthilfegruppe Alpha1-Österreich, welche in der Steiermark gegründet wurde und mittlerweile in jedem Bundesland vertreten ist. Die Selbsthilfegruppe veranstaltet Workshops und Kurse für PatientInnen, aber auch für das soziale Umfeld. Für mich ist es in meiner täglichen Arbeit schön zu sehen, wie durch einfache Übungen die Lebensqualität mit jedem Atemzug wieder zurückkehrt.

Karin Schneck, [email protected]

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