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Seltene Augeninfektion: Wenn sich unter der Hornhaut die Amöben tummeln

Credits: Unsplash

Acanthamoeba-Keratitis ist eine seltene Augeninfektion, die verheerende Folgen haben kann. Warum sie dennoch kaum erkannt wird und wie geholfen werden kann, erklärt Augenarzt Dr. Gerald Schmidinger.

Assoc.-Prof. PD Dr. Gerald Schmidinger

Leiter der Ambulanz für Hornhauterkrankungen, Leiter der Hornhautbank Wien,  Medizinische Universität Wien, AKH Wien

Können Sie kurz erklären, worum es sich bei Acanthamoeba-Keratitis handelt?
Die Acanthamoeba-Keratitis, auch Amöbenkeratitis genannt, ist eine Entzündung der Hornhaut der Augen, allerdings in einer seltenen Form. Entzündungen der Hornhaut werden zumeist durch Erreger ausgelöst – das sind Bakterien, in letzter Zeit vermehrt Pilze, aber auch Viren. Ein Teil der Entzündungen wird durch die sogenannten Acanthamoeben ausgelöst.

Wie kommt es zur Infektion, gibt es besondere Risikogruppen?
Einige der Acanthamoeben-Stämme können Infektionen in der Hornhaut auslösen. Sie treten fast immer im Zusammenhang mit Kontaktlinsen auf, meistens mit Monatslinsen, bei denen eine All-in-one-Spüllösung verwendet und die Hygienemaßnahmen nicht ausreichend beachtet werden. Erhöhtes Risiko besteht darüber hinaus bei Nachtlinsen (Ortho-K Linsen). Acanthamoeben kommen besonders häufig in stehenden Gewässern vor. Das heißt, sehr oft waren Patient:innen mit ihren Kontaktlinsen schwimmen, etwa in tropischen Gebieten, aber auch im Pool oder Seen in Österreich. In England gab es einige Fälle, wo sich Kulturen in Wassertanks auf Hausdächern gebildet hatten. Hier bestehen Gefahren, die vielfach unterschätzt werden.

Wie erfolgt die Diagnose, welche Probleme können dabei auftreten?
Besonders heimtückisch an der Acanthamoeba-Keratitis ist die extrem schwierige Diagnose – sie wird zunächst fast immer falsch diagnostiziert. Das liegt einerseits daran, dass sie so selten ist, aber andererseits auch daran, dass die Acanthamoeben andere Infektionen klinisch vortäuschen können. Dadurch sieht das klinische Bild oft aus wie etwa eine Pilz- oder eine Vireninfektion. Die Routine führt hier oft dazu, dass Patient:innen anfänglich falsch behandelt werden. Die durchschnittliche Dauer bis zur korrekten Diagnosestellung beträgt oft mehr als ein Monat.

Das klingt lange. Wie unangenehm ist das für Betroffene?
In dieser Zeit passieren oft schon besonders schwierige Infektionsverläufe. Wenn wir an der Universitätsklinik die Patient:innen sehen, haben diese also eine längere Leidensgeschichte hinter sich. Das bedeutet, sie sind meistens in einem schweren Infektionsstadium. Die Infektion hat leider kein klassisches klinisches Bild, bis auf ein paar Anzeichen, die geübten Augenärzt:innen auffallen können. Doch es braucht auch eine gewisse Ausstattung, um die Diagnostik entsprechend gut durchführen zu können. Zum Beispiel müssen PCR-Tests hinsichtlich des Erregers gemacht oder Gewerbeproben entnommen werden. Und trotzdem kommt es leider immer wieder zu falschen Befunden. In einigen wenigen Einrichtungen in Österreich gibt es die Möglichkeit einer sogenannten konfokalen Mikroskopie, bei der die Erreger mit einer guten Bildtechnik dargestellt werden können.

Wie sieht der Therapieweg für Betroffene aus?
Die Acanthamoeben haben einen Verteidigungsmechanismus. Sie treten in zwei Zuständen auf: Zum einen gibt es die aktive Amöbe, die sich lebend durchs Gewebe frisst und die Gewebeentzündungen in der Hornhaut auslöst. Sind die Umweltbedingungen schlecht, kann sich die Amöbe zum anderen in eine Zystenform umbilden, die extrem resistent gegen Strahlung, Temperatur oder chemische Stoffe ist. Das macht eine Therapie äußerst schwierig.

Wie sieht die Therapie in diesem Fall aus?
Aktuell gibt es keine zugelassenen Medikamente, also auch keine Therapie, die in wissenschaftlichen Untersuchungen mit randomisierten Studien etabliert ist. Aber es gibt unterschiedliche Wirkstoffgruppen, von denen man weiß, dass sie erfolgreich gegen die Erreger wirken. Einige davon können etwa aus England bezogen werden. Wir in Wien arbeiten vorrangig mit Chlorhexidin, das wird in Apotheken in Augentropfenform aufbereitet. Polyhexanid ist hingegen schwierig zu bekommen – doch es wird gerade versucht, ein Medikament damit am Markt zu etablieren. Dazu kommen Pilzmedikamente und Antibiotika. Betroffenen kann also gut geholfen werden, auch wenn es nicht einfach ist.

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