Etwa ein Prozent der Neugeborenen, weiblich wie männlich, kommt mit der Blutstillungsstörung von-Willebrand-Syndrom auf die Welt. Was es für Betroffene und ihr Umfeld bedeutet, wenn eine Blutung sich nicht von selbst stillt, steht hier.
Wie zeigt sich das von-Willebrand-Syndrom?
Häufiges Nasenbluten, blaue Flecken, lange und starke Regelblutungen, leicht blutende Schleimhäute – das sind Symptome der Blutstillungsstörung von-Willebrand-Syndrom (auch: Willebrand-Jürgens-Syndrom).
Eine erhöhte Blutungsneigung, an der viele leiden, ohne es zu wissen, kann unerkannt insbesondere bei Operationen im HNO-Bereich oder Bauchraum zu schweren Komplikationen führen: Eine Gebärende etwa, deren Syndrom nicht diagnostiziert ist, kann nach der Geburt schwere unstillbare Blutungen haben, sodass ihre Gebärmutter entfernt werden muss.
Was verursacht die Blutstillungsstörung?
Wer an der Störung leidet, dem mangelt es am von-Willebrand-Faktor (vWF) oder dessen Funktion ist beeinträchtigt. Der vWF vermittelt als früher Helfer bei einer Blutstillung, so dass Thrombozyten an das Kollagen eines verletzten Blutgefäßes und aneinander andocken und Thromben (Gerinnsel, Blutpfropfen) bilden, um das Leck zu schließen. Der von-Willebrand-Faktor selbst ist ein Mix aus verschiedenen Polymeren, auch Multimere genannt.
Welche Krankheitstypen unterscheidet man beim von-Willebrand-Syndrom?
Man unterteilt die Blutungskrankheit in Typ 1, Typ 2 mit vier Untertypen (2A, 2B, 2M und 2N) und Typ 3. Bei Typ 1 mangelt es Betroffenen teilweise am von-Willebrand-Faktor. Die Symptome sind meist so mild, dass man normal damit leben kann.
Bei Typ 2 weist der vWF eine gestörte Struktur und Funktion auf und bei Typ 3 fehlt er gänzlich. Nach einer Studie aus Deutschland litten von 322 PatientInnen 36 Prozent an Typ 1 des von-Willebrand-Syndroms, 61 Prozent an Typ 2 und 3 Prozent an Typ 3.
Wie kommt man zu der Erkrankung?
Mütter wie Väter können die Blutungsneigung, die häufigste vererbte überhaupt, an Töchter wie Söhne weitergeben. Ganz selten erwirbt man sie als begleitende Erkrankung bei Herzklappendefekten, bestimmten Erkrankungen des Autoimmunsystems oder des lymphatischen Systems.
Wann sollte man Symptome abklären lassen?
Wer den Verdacht auf eine außergewöhnliche Blutungsneigung hegt, weil er eins oder mehrere der eingangs genannten Symptome erkennt, sollte einen Arzt konsultieren.
Wie wird das von-Willebrand-Syndrom behandelt?
Meist muss keine dauerhafte Therapie erfolgen. Gegen Nasenbluten gibt es gefäßwirksame Sprays. Gegen starke und lange Regelblutungen werden Hormone mit höherem Gestagenanteil (Anti-Baby-Pille) verabreicht. Empfohlen wird Betroffenen eine gezielte Erhöhung des von-Willebrand-Faktors vor operativen Engriffen, zum Beispiel mit einer Kurzinfusion des Präparats Desmopressin (wirkt nicht bei vWF des Typs 2). Haben Betroffene einen Unfall, gibt man ihnen unmittelbar ein geeignetes Medikament.
Gibt es Möglichkeiten zur Selbsttherapie?
In Notfällen können sich PatientInnen nach einer Schulung in Heimselbsttherapie ein vWF-Konzentrat per Infusion verabreichen oder von eingewiesenen Begleitern verabreichen lassen. Präparate wie Tranexamsäure wirken zum Beispiel als Mundspülung der Auflösung von Blutgerinnseln entgegen. Grundsätzlich sollten Medikamente mit dem Wirkstoff Acetylsalicylsäure vermieden werden, die die Thrombozytenfunktion hemmen.
Doreen Brumme, [email protected]