Hannelore E. (73) leidet seit ihrer Geburt an der beinahe unbekannten Krankheit Morbus Gaucher. Nach einem jahrzehntelangen Ärztemarathon fühlt sie sich mit der optimalen Medikation jetzt besser als in jungen Jahren.
Hannelore E.
Morbus Gaucher Patientin
Frau E., was muss ich mir unter Morbus Gaucher eigentlich vorstellen?
Morbus Gaucher ist eine Erbkrankheit, die nur sehr selten ausbricht. Vater und Mutter müssen beide Träger dieser Krankheit sein und selbst dann ist es nicht sicher, dass man beide Trägergene vererbt bekommt. Bei meinen drei Geschwistern wurde Morbus Gaucher aber nicht festgestellt. Ich habe als einziges Kind beide Trägergene meiner Eltern geerbt.
Haben Sie früh geahnt, dass Sie krank sein könnten?
Ja, doch. Schon als Kind hatte ich ungewöhnlich oft und lange Nasenbluten. Das hat mich von anderen Kindern und meinen Geschwistern unterschieden. Auch war ich fast immer sehr müde. Aber damals nach dem Krieg hat sich darum niemand Gedanken gemacht. Die Diagnose habe ich erst erhalten, als ich schon 30 Jahre alt war.
Damals ist Ärzten aufgefallen, dass ich bei vielen Blutwerten deutlich unter dem Soll lag. Auch meine Milz und Leber waren vergrößert. Nach einigen Punktionen dann die Diagnose: Morbus Gaucher.
Hat man vonseiten der Ärzte gleich gewusst, was jetzt zu tun ist?
Damals, 1973, wusste man zwar, dass es diese Krankheit selten, aber doch gibt, mehr aber auch nicht. Das heißt, man hat eine Krankheit mit vergrößerten Organen, schlechten Blutwerten und temporär starken Knochenschmerzen, aber kein Arzt kennt sich aus. Egal, zu welchem Arzt ich gegangen bin, ich hab immer das Gleiche gehört. Nämlich, dass niemand weiß, was mit mir zu tun ist. Ein Arzt war besonders verwundert, dass es diese Krankheit wirklich gibt.
Und seit wann geht es Ihnen besser?
Mit 69 Jahren habe ich von meinen Kindern einen Laptop geschenkt bekommen. Und im Internet hab ich dann entdeckt, dass es auch andere Menschen gibt, die diese Krankheit haben, und dass es darauf spezialisierte Ärzte und sogar Ambulanzen dafür gibt. Seit meinem 69. Lebensjahr werde ich jetzt gezielt behandelt und fühle mich deutlich besser. Die Lebensqualität ist sehr viel höher, ich bin deutlich fitter und belastbarer als früher.
Wie hat sich Ihr Alltag seit dem Start der Behandlung verändert?
Ich war von Kleinigkeiten wie Einkaufen oft schon so fertig, dass ich mich hinlegen musste. Erst seit ich meine Medikamente bekomme, kenne ich den Unterschied zwischen Erschöpfung und Müdigkeit. Jetzt kann ich fast alles machen, was gesunde Menschen in meinem Alter auch tun. Vor der Behandlung war mir das nicht möglich.
Wie ging es Ihnen nach der Diagnose? Erleichterung, dass man endlich weiß worum es sich handelt oder Angst, weil kein Arzt etwas tun kann?
Ich konnte zu Beginn überhaupt nichts mit der Diagnose anfangen, weil mir meine Ärzte auch nichts sagen konnten. Ich wusste schon, dass ich Wucherungen an Milz und Leber habe und dass die nicht bösartig sind. Und natürlich hab ich auch die unvermeidliche Frage gestellt, ob ich an dieser Krankheit sterben werde oder ob meine Lebensdauer dadurch stark verkürzt ist. Meine Fragen konnte mir aber niemand beantworten.
Was würden Sie sich für Sie und andere Betroffene in Zukunft wünschen?
Bessere Aufklärung der Ärzte! Und es wäre schön, wenn so diffuse Symptome wie starke Müdigkeit, häufiges Nasenbluten oder schlechte Blutwerte nicht als Kleinigkeiten abgetan, sondern ernst genommen werden würden. Denn nach wie vor lernen Mediziner nur kurz etwas über Morbus Gaucher, aber dass es die Krankheit wirklich gibt, verblüfft immer noch viele.
Lukas Wieringer, [email protected]