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Stoffwechselerkrankungen

Pubertät und Therapiepläne – wie passt das zusammen?

Foto: Jené Stephaniuk via Unsplash

Elisabeth Jodlbauer-Riegler

Obfrau der Cystischen Fibrose Hilfe Oberösterreich

Foto: Privat

Das Erwachsenwerden ist schon ohne eine chronische Erkrankung kompliziert. Für Patient:innen mit Cystischer Fibrose kommen dann auch noch Therapiepläne, Behandlungsumstellungen und Krankenhausbesuche hinzu. Wie man diesen Prozess am besten unterstützen kann, erklärt Elisabeth Jodlbauer-Riegler, Obfrau der Cystischen Fibrose Hilfe Oberösterreich. 

Wie kann Transition bei Cystischer Fibrose gelingen? 

Transition im Sinne von Loslassen und Neubeginn beginnt im Kopf. Die Betroffenen selbst und auch deren Angehörige müssen von Anfang an in die Aufklärung über die Erkrankung und das Leben mit ihr eingebunden sein. Transition gemäß der Versorgungsstruktur, also die Übergabe von der Betreuung der Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde an die Abteilung für Lungenerkrankungen und/oder Innere Medizin ist als Prozess zu sehen. Es müssen alle miteinbezogen werden: der/die Betroffene selbst, die Eltern oder Betreuer:innen, die Kinderabteilung und die Erwachsenenmediziner:innen. Je mehr Personen des alten und neuen Teams bei den Übergabevisiten dabei sein können, umso besser. Um diese Zeit, die oft mit Unsicherheit und Ängsten wahrgenommen wird, mit so wenig Betreuungsverlusten wie möglich schaffen zu können, sollte man früh beginnen. Ein erster Schritt ist es, regelmäßige Kontrollen mit den jugendlichen Patient:innen schon in der Kinderambulanz alleine, ohne Eltern, durchzuführen. So lernen die Jugendlichen, was sie über sich und ihre Krankheit wissen müssen. Sie lernen damit, auch im Alltag mehr Verantwortung zu übernehmen. Doch oft sind es eher die Ängste der Eltern, die das Selbständigwerden erschweren. Psychologische Begleitung ist in dieser Zeit deshalb hilfreich. Aber auch das Gespräch mit anderen Eltern oder jungen CF-Erwachsenen kann helfen, diese herausfordernden Jahre gut zu bewältigen. 

Wenn mich Mama und Papa ans Inhalieren erinnert haben, habe ich es noch weniger gerne oder sogar absichtlich nicht gemacht.“ 

Anja S. 

Seitens der Erwachsenenmedizin muss bei jenen Jugendlichen, deren Krankheit noch vorwiegend von den Eltern gemanagt wird, ein anderer Zugang gefunden werden. Es lohnt sich, Zeit zu investieren, um den Prozess des Loslassens zu begleiten – Zeit, die in späteren Visiten gespart wird und die die jungen Erwachsenen in die Selbständigkeit führt. 

Egal ob mit chronischer Erkrankung oder ohne sie – ein eigenständiges und selbstbestimmtes Leben sollte immer das wichtigste Ziel sein.“ 

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Wie können Eltern ihre Kinder bestmöglich im Alltag mit CF unterstützen? 

Eltern werden mit der Diagnosestellung in die Rolle von Therapeut:innen gedrängt. Das ist etwas, das grundsätzlich nicht der Idealfall aber dennoch Alltag aller Familien mit chronisch kranken Kindern ist. Gewichtsabnahme oder -zunahme und Abfall oder Verbesserung der Lungenfunktion sind Erfolg oder Versagen der Eltern. Eltern werden von Beginn an oft an diesen Faktoren gemessen und danach bewertet. Das tut der Eltern-Kind-Beziehung nicht immer gut. 

Ich denke, dass der Start der Transition mit 16 oder 18 Jahren schon viel zu spät ist. Der Prozess muss bereits im Kindesalter beginnen. Für meine Tochter war es schon immer sehr wichtig, dass ihr persönlich eine Ärztin oder ein Arzt erklärt, welches Medikament sie nehmen muss und wofür das wichtig ist –  
nur dann wurde dies auch problemlos umgesetzt.“ 

Michaela W. 

Kinder, aber auch alle Erwachsenen, brauchen feste Rituale oder Gewohnheiten, die den Alltagsablauf erleichtern. Wenn beispielsweise klar ist, dass am Abend inhaliert und therapiert wird – es eine Routine gibt, die nur in Ausnahmefällen verschoben wird –, dann wächst man als Betroffene:r und als Familie hinein in einen CF-Alltag. Es wird zur Normalität und belastet nicht jeden Tag aufs Neue die Motivationsfähigkeit. Es gehört dazu – Ausbruchsversuche in der Pubertät übrigens auch. Dies ist eine schwierige Zeit, in der Eltern oft nur das Zusehen bleibt. Sind Rituale und Gewohnheiten in der Kindheit aber als hilfreich erlebt worden, kommen die Betroffenen als junge Erwachsene oft wieder darauf zurück. Eine besondere Freude sind dann die positiven Rückmeldungen auf das „strenge Therapieregime“ der Eltern – eine Wertschätzung, die Eltern nach dieser Zeit des Kampfes um jede Therapieeinheit wirklich gut tut. 

Gerade im Kindesalter spielen Eltern hier eine enorm wichtige Rolle. Sie ‚leiten‘ einen den Weg, fungieren als Vorbild und geben jede Menge Unterstützung! Auch wenn es oft ein Machtkampf zwischen mir und meinen Eltern war. Wäre meine Mama nicht so streng gewesen und hätte die Therapien als Kind nicht eingefordert, würde ich das heute bestimmt nicht so genau machen – immerhin wurde es dank ihr zur Routine, täglich die Medikamente zur richtigen Zeit einzunehmen, sich öfters als sonst die Hände zu waschen oder auf bestimmte andere Dinge zu achten. Danke, Mama!“ 

Stefanie K.

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Wie können Eltern die Therapietreue ihrer Kinder am besten fördern? 

Wie bereits oben beschrieben ist das Erlernen guter Gewohnheiten, das Ritualisieren von Therapie ein besonders wichtiges Moment in der Therapieannahme und auch Therapietreue. Als Eltern muss man aber auch spüren, wenn das eigene Kind eine Pause braucht. Ein besonderer Anlass, eine besondere familiäre Situation oder ein Durchhänger sollten berücksichtigt werden. Gemeinsam wird aber auch besprochen, warum an solchen Tagen „Pause“ ist. Und am nächsten Tag, zum nächstmöglichen Zeitpunkt, wird die Routine wieder aufgenommen. Die Therapie ist der Alltag, den man tagtäglich lebt. Alles andere ist eine Auszeit davon. 

Bei einer Krankheit wie CF startet die Therapie bereits kurz nach der Geburt, somit sind die Kinder schon früh mit ihr vertraut und an sie gewöhnt. Die tägliche Therapie gehört bei uns dazu wie das Zähneputzen.“ 

Claudia S.

Wie überall ist auch hier die Vorbildfunktion der Eltern bzw. Erziehenden das Wichtigste. Nur wenn ich selbst diszipliniert bin und therapietreu die vorgegebenen Aufgaben erledige, wird mein Kind akzeptieren und lernen, dass es dazu gehört. Das ist nicht immer einfach. Auch Eltern haben Durchhänger – und da braucht es viel Selbstmotivation und Disziplin, um hier nicht „umzufallen“, denn Regeln müssen auch von Eltern eingehalten werden. Um sowohl die eigene Überforderung, als auch die des Kindes zu vermeiden ist es daher wichtig, mit dem Behandlungsteam ehrlich zu besprechen, was im Alltag zu schaffen ist. Man muss offen über die eigenen Möglichkeiten und auch die vorhandenen Grenzen reden. Der beste Therapieplan nützt nichts, wenn man nach zwei Tagen erschöpft aufgeben und dann mit schlechtem Gewissen zur nächsten Kontrolle gehen muss. Ehrlichkeit sich selbst und dem Behandlungsteam gegenüber ist der beste Weg. Gemeinsam können Therapiepläne und -ziele definiert werden; und auch bei wenig Zeitressourcen gibt es einen Weg. Ganz ohne Aufwand und Selbstmotivation funktioniert es aber nicht. Zeitfenster für therapeutische Maßnahmen müssen gefunden und dann auch täglich eingehalten werden. 

Da gibt es nur eines zu sagen: immer und immer regelmäßig. Auch, wenn es einem gerade gut geht, CF macht keine Pause. Also muss die Therapie jeden Tag durchgezogen werden, wie auch das Zähneputzen Teil des Alltags ist. Das hinterfragt ja auch keiner.  Und ebenso wichtig ist es, sich Zeit dafür zu nehmen; es zu einer Zeit zu machen, die ‚unsere Zeit‘ ist: also zum Beispiel Inhalieren mit Buchvorlesen verbinden. Das kann dann auch zur harmonischen, entspannenden Zeit werden, die ich mir bewusst für mein Kind nehme. Es wird nicht immer funktionieren, aber hilft doch oft.“ 

Barbara H.
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